Kleider machen Leute. Gottfried Kellers Novelle fällt einem bei Beethoven schnell ein. Als 2. Hoforganist der Bonner Hofkappelle trägt der Fünfzehnjährige sehr schicke Dienstkleidung: Grünen Frackrock, Hos aus weißer und schwarzer Seide, geblümte West aus Seide und Gold mit ächter Goldkordel umsetzt, Schuhe mit Lasche, unterm linken Arm sein Dägen mit einer Silberne Koppel. Dazu frisirt mit Locken und Hahrzopp, Klackhud. Nur Generals-Personen, Ambassadeurs und auswärtige Fürsten haben mehr Privilegien und Zugang zu Räumlichkeiten des Schlosses als er, der als Kenner wie Verächter höfischer Etikette zwar kein säbelrasselnder Jüngling ist, aber ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt. Das schürt seinen Bildungshunger. Vielleicht wegen seiner kurzen und mangelhaften Schulbildung schreibt er sich 1788 als Student der Philosophie an der Bonner Universität ein und besitzt bald eine eigene Bibliothek, in der alle Wissensgebiete vertreten sind.
Wie Bach äußert er sich nicht selbst schriftstellerisch über Musik, doch wissen wir durch seine Bücher, was ihn interessiert und prägt. Die musiktheoretischen Schriften seiner Sammlung zeigen ihm, wie andere Komponisten arbeiten: …ohne auch im mindesten Anspruch auf eigentliche Gelehrsamkeit zu machen, habe ich mich doch bestrebt von Kindheit an, den Sinn der bessern und weisen jedes Zeitalters zu fassen, schande für einen Künstler, der es nicht für schuldigkeit hält, es hierin weit zu bringen. Alles will er über frühere Komponisten und ihre Werke wissen. Vor allem fasziniert ihn Bach, der nur 20 Jahre vor seiner Geburt stirbt. Dessen Werke stehen im Kompositionsunterricht von Gottlob Neefe stets auf der Tagesordnung. Auf dem Klavier steht immer das Wohltemperierte Clavier. Später will er seine Missa solemnis erst nach genauer Kenntnis der h-Moll-Messe Bachs abschließen.
Die Musik-Welt ist in seiner Jugend die italienisch geprägte, die er durch Werke des Bonner Hofkapellmeisters Andrea Luchesi kennt, weil er sie in den Gottesdiensten orgelnd begleitet. Zudem kommen in unserem Beethovens-Musikwelt-Pasticcio Komponisten zu Wort, die lange vor ihm Rang und Namen haben: Haydn, Salieri, Hummel, Mozart und Ries. Werke von CPE Bach, Kirnberger und Mattheson findet er in deren Lehrbüchern, die in seiner Bibliothek stehen. Vieles davon führen wir wie in einem filmartigen Zeitraffer auf.
Das Konzert findet in drei Teilen mit Pausen statt. Ende gegen 22:30.
Der Konzertmitschnitt wird am 29.09. um 20:04 Uhr im WDR3 Konzert gesendet.